Amtsblatt für den Landkreis Eichsfeld Nr. 49
Herausgeber: Landkreis Eichsfeld
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Inhaltsübersicht
Öffentliche Bekanntmachungen des Landkreises Eichsfeld
Inhalt
Öffentliche Bekanntmachungen des Landkreises Eichsfeld
Öffentliche Bekanntmachung gemäß § 1 Abs. 1 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) i. V. m. §41 Abs. 3 und 4 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
An alle Geflügelhalter des Landkreises Eichsfeld
Vollzug der Verordnung (EU) 2016/429 (Tiergesundheitsrecht) sowie des Tiergesundheitsgesetztes; Anordnung der Aufstallung zum Schutz vor der Verschleppung der Geflügelpest
Tierseuchenbehördliche Allgemeinverfügung zum Schutz gegen die Geflügelpest bei Geflügel und gehaltenen Vögeln
Aufgrund der Feststellung des Ausbruches der Geflügelpest am 28.10.2025 im Landkreis Eichsfeld erlässt das Veterinäramt folgende
Allgemeinverfügung
- Es wird für alle Bestände mit Geflügel und anderen in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln die Aufstallung zur Haltung in geschlossenen Ställen angeordnet. Alternativ ist nur die Unterbringung unter einer Vorrichtung gestattet, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten und einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung (Maschenweite von nicht mehr als 25 mm) bestehen muss.
- Alle Halter von Geflügel und anderen in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln, die ihrer Pflicht zur Meldung des gehaltenen Geflügels bisher noch nicht nachgekommen sind, haben die Haltung unverzüglich beim Veterinäramt anzuzeigen.
- Der Zukauf von Geflügel und anderen gehaltenen Vögeln über Märkte, Börsen oder mobile Händler ist untersagt. Davon ausgenommen sind Tiere, die nachweislich klinisch und im Fall von Wassergeflügel auch virologisch innerhalb der letzten 4 Tage von einem praktizierenden Tierarzt untersucht wurden und dieser Nachweis im Rahmen des Verkaufes durch den Verkäufer an den Käufer übergeben wird. Die Nachweise sind der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen.
- Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 3 wird angeordnet, soweit nicht bereits kraft Gesetzes die aufschiebende Wirkung aufgehoben ist.
- Diese Allgemeinverfügung wird auf der Internetseite des Landkreises unter www.kreis-eic.de/aktuelles/amtsblatt verkündet. Sie gilt damit als wirksam bekanntgegeben und tritt am Tage ihrer Bekanntmachung in Kraft.
- Für diese Allgemeinverfügung werden keine Kosten erhoben.
Begründung:
I.
Die Hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI), auch Vogelgrippe oder Geflügelpest genannt, ist eine durch Viren ausgelöste Infektionskrankheit der Vögel. Alle Geflügelarten, aber auch viele Zier- und Wildvogelarten sind empfänglich für Influenzaviren der Vögel (aviäre Influenzaviren, AIV). Wildlebende Wasservögel sind die natürlichen Reservoire der AIV. Für den Menschen und auch für andere Säugetiere (z. B. Schweine, Marderartige, Katzen und Hunde) besteht ein Ansteckungsrisiko mit AIV nur bei sehr intensivem Kontakt mit infizierten Vögeln, sie können das Virus jedoch mechanisch weitertragen.
Geflügelpest ist für Hausgeflügel hochansteckend. Das klinische Bild ist variabel. Plötzlich auftretende und massenhaft rasch zum Tode führende Erkrankungen in Hühner- und Putenhaltungen sind hoch verdächtig für Geflügelpest. Ähnliche Krankheitsverläufe können auch bei Wildvögeln (vor allem bei Wasser- und Greifvögeln) auftreten.
Kranke Tiere scheiden den Erreger massenhaft mit dem Kot sowie mit Schleim oder Flüssigkeit aus Schnabel und Augen aus. Bei direktem Kontakt stecken sich andere Tiere durch Einatmen oder Aufpicken von virushaltigem Material an. Auch Eier, die von infizierten Tieren gelegt werden, können virushaltig sein. Infektionsquelle können ebenso kranke oder an Geflügelpest verendete Tiere sowie deren Ausscheidungen, insbesondere der Kot sein. Bei Ausbruch der Geflügelpest hat der Gesetzgeber daher unverzügliche Seuchenbekämpfungsmaßnahmen festgelegt.
Die Bekämpfung der Geflügelpest ist im EU-Recht in der Verordnung (EU) 2016/429 und Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 geregelt. Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine bekämpfungspflichtige Seuche der Kategorie A nach Art. 5 Abs. 1 iv) i. V. m. Art. 9 Abs. 1 Buchst. a Verordnung (EU) 2016/429 i. V. m. Art. 1 Nr. 1 und Art. 2 i. V. m. dem Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882. Anzuwenden sind die vorgegebenen Seuchenbekämpfungsmaßnahmen.
Im Landkreis Eichsfeld wurde am 28.10.2025 der Ausbruch der Hochpathogenen Aviären Influenza(HPAI) vom Subtyp H5N1 beim Wildvogel amtlich bestätigt.
Im weiteren zeitlichen Verlauf wurden am 26.10.25 Knochenreste eines großen Vogels geborgen, die mit Mitteilung vom 28.10.25 vom Landeslabor ebenfalls positiv auf H5 bei der Tierart Kranich befundet wurden. Dieser Fall zeigt anschaulich, wie eine Verbreitung der Geflügelpest im ländlichen Raum stattfinden kann. Der Rest des Tierkörpers konnte vor Ort nicht aufgefunden werden, sondern wurde in diesem Fall offensichtlich von Fuchs oder diversen anderen Tierarten, die Aas gern als Nahrungsquelle nutzen, verschleppt. Der Jagdpächter berichtet auch von zahlreichen Rabenvögeln in seinem Revier. Auf diese Weise kann das Geflügelpestvirus sehr leicht auf Geflügelhaltungen in der Umgebung übertragen werden.
In der diesjährigen Zugvogelsaison zirkuliert das HPAI- Virus sehr stark. Vor allem Kraniche leiden massiv unter den Auswirkungen und verenden in Massen, sowohl an den jeweiligen klassischen Seengebieten (Kelbra), als auch an vorübergehenden Rastplätzen auf abgeernteten Feldern. Es ist nicht absehbar, wo und wann sich die Tiere auf Ihren Zugrouten niederlassen und unentdeckt verenden, auch eine Übertragung durch Kotausscheidungen ist möglich. Außerdem kann das Virus auf andere Wild- und Wassergeflügelarten übergehen. So gibt es beispielsweise Nachweise bei Gänsen, Graureihern, Kormoranen und Greifvögeln. Stockenten erkranken in diesem Jahr weniger stark, kommen aber als stille Überträger infrage, da sie zahlreich vorkommen und häufig zwischen naturnahen Lebensräumen und Biotopen in Ortslage wechseln (Talsperre, Dorfteich, Weiher am Waldrand, Gartentümpel).
II.
Das Veterinäramt des Landkreises Eichsfeld ist sachlich und örtlich für den Vollzug des europäischen Tiergesundheitsrechtes und der Geflügelpest-Verordnung zuständig. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach den Vorgaben des § 1 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 ThürTierGesG. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 Abs. 1 ThürVwVfG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG.
Zu Nr. 1
Die Anordnung der Aufstallung unter Nr. 1. des Tenors erfolgt auf Grundlage des Art. 70 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) 2016/429 sowie § 13 Abs. 1 Geflügelpest-Verordnung in Verbindung mit einer Risikobewertung nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 Geflügelpest-Verordnung. Nach Art. 70 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 55 Abs. 1 Buchst d der Verordnung (EU) 2016/429 ergreift die zuständige Behörde bei Verdacht des Auftretens von u. a. Geflügelpest bei Wildvögeln die erforderlichen Seuchenpräventions- und -bekämpfungsmaßnahmen, um eine Ausbreitung des Virus auf gehaltene Vögel und Geflügel zu verhindern.
Unter den Begriff Geflügel fallen nach der Definition in Art. 4 Nr. 9 der Verordnung (EU) 2016/429 alle Vögel die zum Zweck der Erzeugung von Fleisch, Konsumeiern, sonstigen Erzeugnissen, zur Wiederaufstockung von Wildbeständen und zur Zucht von Vögeln zu den vorgenannten Zwecken verwendet werden.
In Gefangenschaft gehaltene Vögel sind nach Art. 4 Nr. 10 der Verordnung (EU) 2016/429, Vögel die nicht Geflügel sind und aus anderen Gründen in Gefangenschaft gehalten werden, einschließlich derjenigen Vögel, die für Tierschauen, Wettflüge, Ausstellungen, Turnierkämpfe, zur Zucht oder zum Verkauf gehalten werden.
Primäreinträge in Geflügelbestände in Thüringen sind mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf Einträge aus der Wildvogelpopulation zurückzuführen. Ein Eintrag kann durch direkten Kontakt von gehaltenen Vögeln mit Wildvögeln oder über indirekte Kontakte erfolgen.
Eine Weiterverbreitung zwischen Geflügelbeständen wird in der Regel durch Tierhandel oder indirekt durch verunreinigte Fahrzeuge, Personen, Geräte, Verpackungsmaterialien oder Ähnliches verursacht.
Als eine Seuchenpräventionsmaßnahme ist gemäß Art. 55 Abs. 1 Buchst d der Verordnung (EU) 2016/429 die Isolierung von gehaltenen Tieren der für die Geflügelpest empfänglichen Arten anzuordnen, wenn dadurch der Kontakt zwischen Wildvögeln und gehaltenen Vögeln und Geflügel und damit eine weitere Ausbreitung in den Haustierbestand vermieden wird.
Als einzig wirksame „Isolierungsmaßnahme“ im Sinne des. Art. 55 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EU) 2016/429 ist die Anordnung der Aufstallung von gehaltenen Vögeln und Geflügel im Sinne des § 13 Abs. 1 S. 1 der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) anzusehen. § 13 Abs. 1. S. 1 Geflügelpestverordnung konkretisiert dahingehend die Seuchenpräventionsmaßnahme „Isolierung“ mit dem Ziel, Kontakt von Wildvögeln zu gehaltenen Vögeln und Geflügel zu verhindern.
Voraussetzung für die Anordnung einer Aufstallung ist, dass sie zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Seuchenerregers angezeigt ist. Die Festlegungen der Aufstallungsanordnung basieren auf der Grundlage einer entsprechend nach § 13 Abs. 2 Geflügelpest-Verordnung durchgeführten Risikobewertung zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel.
Zu berücksichtigen sind dabei örtlichen Gegebenheiten, das Vorkommen oder Verhalten von Wildvögeln, die Geflügeldichte, der Verdacht oder Ausbruch auf Geflügelpest im eigenen oder angrenzenden Kreis, weitere Tatsachen zur Abschätzung der Gefährdungslage sowie die Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts.
Wildvögel stellen ein Reservoir für aviäre Influenzaviren dar, umso mehr, als dass diese auch infiziert sein können, ohne deutliche klinische Symptome zu zeigen, aber trotzdem die Erreger ausscheiden. Aufgrund der Vielzahl nachgewiesener Fälle stuft das Friedrich-Loeffler-Institut in der aktuellen Risikoeinschätzung des vom 20.10.2025 wird das Risiko des Eintrags von Geflügelpest des Typs HPAIV H5 durch Wildvögel in Hausgeflügelbeständen bundesweit als hoch eingeschätzt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es daher unbedingt erforderlich, Kontakte zu Wildvögeln direkter und mittelbarer Art zu minimieren. Geflügel in Freilandhaltungen hat natürlicherweise weitaus größere Kontaktmöglichkeiten mit diversen Umweltfaktoren im Vergleich zu ausschließlich im Stall gehaltenen Tieren.
Vor dem Hintergrund der Gesamtlage muss mit weiteren Fällen der Geflügelpest bei Wildvögeln gerechnet werden. Daher ist die Isolierung der Hausgeflügelbestände in Form der Aufstallung dringend erforderlich und zum Seuchenschutz auch geeignet.
Die Verhältnismäßigkeit der Anordnung wurde auch weiterführend ausgiebig geprüft, sowohl hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung als auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen einer Aufstallung für die Tiere selbst. Der Schutz der Hausgeflügelbestände vor der verlustreichen Tierseuche hat jedoch Vorrang und begründet gemeinsam mit den regionalen Nachweisen und der Unvorhersehbarkeit eines jederzeitigen Eintrags durch oder über Wildvögel die Ausdehnung auf das gesamte Kreisgebiet.
Zu Nr. 2
Nach Art. 84 der Verordnung (EU) Nr. 2016/429 hat jeder der u.a. Hühner, Enten, Gänse, Fasane, Perlhühner, Rebhühner, Tauben, Truthühner, Wachteln oder Laufvögel hält („Geflügel i.S. des Art. 4 Nr. 9 und „in Gefangenschaft gehaltene Vögel“ i.S. des Art. 4 Nr. 10 der genannten Verordnung) hält, dies der zuständigen Behörde vor Beginn der Tätigkeit unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift, des Betriebsstandortes, der Kategorien und Anzahl der gehaltenen Tiere bezogen auf die jeweilige Tierart mitzuteilen. Es handelt sich um eine ohnehin bestehende gesetzliche Verpflichtung, so dass Erwägungen zum Ermessen hinfällig sind.
Zu Nr. 3
Aufgrund der Gefahr einer unkontrollierten Verschleppung von Geflügelpestvirus über Geflügelmärkte, Geflügelbörsen und mobile Geflügelwagen wird unter Nr. 3 der Handel entsprechend untersagt. Die Anordnung des Verbotes erfolgt, um die Verschleppung der Geflügelpest soweit als möglich zu verhindern. Es handelt sich um eine Maßnahme zum Schutz vor biologischen Gefahren im Sinne von Art. 55 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2016/429.
Das Verbot gilt nicht, sofern eine klinische Untersuchung der verkauften Tiere mit negativem Ergebnis innerhalb der letzten 4 Tage vor dem Verkauf durchgeführt wurde. Bei Wassergeflügel ist in diesem Zeitrahmen zudem eine virologische Untersuchung mit negativem Ergebnis durchzuführen. Der Käufer hat sich darüber einen Nachweis vorlegen zu lassen, dies dient unter anderem der epidemiologischen Untersuchung, falls es zu einem Ausbruch im Bestand kommt.
Gemäß Art. 10 Abs. 1 Buchst. a Ziffer iii der Verordnung (EU) 2016/429 hat der Unternehmer die Verantwortung für die Gesundheit seiner Tiere und ist verpflichtet das Risiko zur Ausbreitung von Seuchen zu minimieren und entsprechende Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren zu ergreifen. Diese geeigneten Maßnahmen umfassen dabei auch angeordnete Verwaltungsmaßnahmen nach Art. 10 Abs. 4 Buchst. b Ziffern iii und iv der Verordnung (EU) 2016/429. Der rechtliche Begriff des Unternehmers im Sinne des europäischen Tiergesundheitsrechtes ist nach Art. 4 Nr. 24 der Verordnung (EU) 2016/429 unabhängig von sonstigen finanz-, steuerrechtlichen o.ä. Gründen derjenige, der „für ein Tier verantwortlich ist“. Die tiergesundheitliche Verantwortung am Beispiel des Handels obliegt als also nicht nur dem klassischen Verkäufer, sondern auch dem Entgegennehmer.
Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine hochansteckende, anzeigepflichtige Viruserkrankung beim Geflügel, deren Ausbruch immense wirtschaftliche Folgen für alle Geflügelhalter, Schlachtstätten und verarbeitende Industrien haben kann.
Aufgrund der hohen Infektiosität der Geflügelpest und der bereits amtlich festgestellten Ausbrüche, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Erreger der Geflügelpest in Einzelfällen bereits in Hausgeflügelbestände eingetragen wird. Innerhalb der kurzen Inkubationszeit können die Tiere noch unauffällig erscheinen, aber das Virus bereits an andere Tiere weitergeben. Daher sind auch Kontakte zwischen verschiedenen Hausgeflügel-Beständen vorsorglich auf das absolut nötige Maß zu begrenzen. Die Anordnung zu Punkt 3 ist unter diesen Aspekten sowohl geeignet, als auch erforderlich und angemessen. Es wurden außerdem Voraussetzungen definiert, dass Geflügelhandel dennoch stattfinden kann, so dass der Verhältnismäßigkeit ebenfalls Rechnung getragen ist.
Wirtschaftliche Interessen am Verkauf von Tieren müssen hinter dem gesamtgesellschaftlichen Interesse hintenanstehen. Oberste Priorität hat der Schutz der Tierbestände und die Verhinderung einer Weiterverbreitung dieser Tierseuche, die mit viel weitreichenderen wirtschaftlichen Restriktionen für eine ganze Region einhergeht.
Zu Nr. 4
Nach § 37 TierGesG hat die Anfechtung der Anordnung einer Absonderung von verdächtigen Tieren keine aufschiebende Wirkung. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO kann die sofortige Vollziehung für sonstige Anordnungen im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet werden. Diese Voraussetzung liegt hier vor, da die Ausbreitung der Geflügelpest und somit die Gefahr von tiergesundheitlichen wie auch wirtschaftlichen Folgen sofort unterbunden werden muss. Es besteht ein besonderes öffentliches Interesse daran, dass der Kontakt zwischen gehaltenen und wild lebenden Tieren umgehend und soweit als möglich verhindert wird.
Käme es hierbei zu einer zeitlichen Verzögerung durch Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung, würde die Verbreitung der Geflügelpest begünstigt werden. Dadurch würden den betroffenen empfänglichen Tieren erhebliche, letztlich vermeidbare Leiden und Schäden sowie den Halterinnen und Haltern erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen.
Im Interesse einer effektiven Tierseuchenbekämpfung überwiegt das besondere öffentliche Interesse daran, dass auch während eines Rechtsmittelverfahrens die erforderlichen Seuchenbekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Die Maßnahmen dienen dem Schutz sehr hoher Rechtsgüter. Die Gefahr der Weiterverbreitung der Seuche und der damit verbundene wirtschaftliche Schaden sind höher einzuschätzen als persönliche Interessen an der aufschiebenden Wirkung als Folge eines eingelegten Rechtsbehelfs.
Zu Nr. 5
Die öffentliche Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 ThürVwVfG i.V.m. § 41 Abs. 3 und 4 VwVfG i. V. m. § 2 Abs. 5 ThürTierGesG.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG setzt die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts dessen Bekanntgabe voraus. Ein Verwaltungsakt darf nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG i. V. m. § 41 Abs. 3 Satz 1 VwVfG öffentlich bekannt gemacht werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen wird. Eine solche Regelung trifft § 2 Abs. 5 ThürTierGesG. Danach dürfen tierseuchenrechtliche Allgemeinverfügungen öffentlich bekannt gemacht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann.
2 Abs. 5 Satz 2 ThürTierGesG bestimmt, dass bei Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tiere oder für nicht unerhebliche Vermögenswerte - abweichend von § 1 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG i. V. m. § 41 Abs. 4 VwVfG - die öffentliche Bekanntgabe durch eine Bekanntgabe über Rundfunk, Fernsehen, Lautsprecher, elektronische Medien oder in anderer geeigneter Weise bewirkt werden kann (Notbekanntgabe). Die Allgemeinverfügung gilt dann mit dieser Notbekanntgabe als wirksam bekannt gegeben (§ 2 Abs. 5 Satz 3 ThürTierGesG). Dies korrespondiert mit § 1 Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG, wonach Rechtsvorschriften des Landes im dort genannten Umfang abweichende Bestimmungen treffen können.
Nach § 54 Nr. 3 Buchst. b des Thüringer Ordnungsbehördengesetzes liegt eine gegenwärtige Gefahr vor, wenn das schädigende Ereignis bereits begonnen hat oder unmittelbar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. In diesem Sinne liegt für das Leben bzw. die Gesundheit von Geflügel sowie nicht unerhebliche Vermögenswerte infolge des Ausbruches der Geflügelpest in Thüringen eine solche Gefahr vor; dies erfordert eine schnellstmögliche wirksame Bekanntgabe vorliegend angeordneten Maßnahmen.
Die Bekanntgabe im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 2 ThürTierGesG erfolgt aufgrund der Eilbedürftigkeit der Regelungen, mit Blick auf den Ausbruch der Geflügelpest über elektronische Medien, hier auf der Internetseite des Landkreises Eichsfeld unter der Adresse https://www.kreis-eic.de/aktuelles/amtsblatt. Damit ist zugleich die Verpflichtung aus § 1 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG i. V. m. § 27a Abs. 1 VwVfG zur Veröffentlichung auf einer Internetseite der Behörde Rechnung getragen.
Von einer Anhörung wurde gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 4 ThürVwVfG abgesehen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung war zu berücksichtigen, dass bei der vorliegenden Sachlage die Anhörung der Betroffenen nicht zu einer anderen Beurteilung der Dinge geführt hätte.
Zu Nr. 6
Diese Allgemeinverfügung ist nicht verwaltungskostenpflichtig, da es sich nicht um eine individuell zurechenbare öffentliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 7 ThürVwKostG handelt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Veterinäramt des Landkreises Eichsfeld, Friedensplatz 1 37339 Leinefelde-Worbis OT Worbis oder jeder anderen Dienststelle des Landkreises Eichsfeld, Friedensplatz 8, 37308 Heilbad Heiligenstadt eingelegt werden.
Heilbad Heiligenstadt, 3.11.2025
gez. Dr. Frant
Landrätin
Rechtsgrundlagen:
- Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) in der Fassung vom 21.04.2021
- Delegierte Verordnung (EU) 2020/687 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung bestimmter gelisteter Seuchen in der Fassung vom 03.05.2023
- Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 der Kommission vom 3. Dezember 2018 über die Anwendung bestimmter Bestimmungen zur Seuchenprävention und -bekämpfung auf Kategorien gelisteter Seuchen und zur Erstellung einer Liste von Arten und Artengruppen, die ein erhebliches Risiko für die Ausbreitung dieser gelisteten Seuchen darstellen, in der Fassung vom 01.02.2024
- Tiergesundheitsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2852) geändert worden ist
- Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. Juli 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 236) geändert worden ist
- Thüringer Ausführungsgesetz zum Tiergesundheitsgesetz (Thüringer Tiergesundheitsgesetz - ThürTierGesG-) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. März 2010 in der jeweils gültigen Fassung
- Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz (ThürVwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2024
Hinweise:
- Anzeigepflicht: Jeder Verdacht der Erkrankung auf Geflügelpest ist dem Veterinäramt unverzüglich anzuzeigen, vgl. § 4 Tiergesundheitsgesetz.
- Ordnungswidrigkeiten: Wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften zur Bekämpfung der Geflügelpest zuwiderhandelt, handelt ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden, vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 4 TierGesG.